Kleine Blogschau zum Politcamp 10 (Update 2)

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Schlan­ge bei der Ses­si­onpla­nung beim Polit­camp 109. Foto: Jür­gen Glüe, Lizenz: CC-BY-SA.

War­um ich dann doch nicht hin­ge­fah­ren bin, habe ich ja hier beschrie­ben. Inzwi­schen ist das Polit­camp 10 (das zwei­te …) vor­bei, nächs­tes Jahr soll wie­der eines statt­fin­den – und nach­dem reich­lich get­wit­tert wur­de, kam ich nicht umhin, einen gewis­sen Ein­druck zu krie­gen. Da waren wohl unge­fähr 800 Leu­te, es gab über den Dau­men gepeilt 70 laut Orga­ni­sa­ti­ons­team 53 Sessions.

Es wäre jetzt aber doch ver­mes­sen, das gan­ze aus der Fer­ne zu bewer­ten. Statt­des­sen hier ein paar Hin­wei­se auf Blog­bei­trä­ge, die das Polit­camp zusam­men­fas­sen (SpOn und Hei­se schrei­ben auch).

Eine recht aus­führ­li­che inhalt­li­che Bericht­erstat­tung gibt es beim Jugend­pres­se-Blog poli­tik oran­ge nach­zu­le­sen – die haben live gebloggt, und rei­hen Repor­ta­gen, Inter­views und Ein­schät­zun­gen anein­an­der. Ein über­grei­fen­des Fazit fin­det sich dort aller­dings nicht.

Das gab’s von Sei­ten der Orga­ni­sa­to­rIn­nen:

them­roc @tomaschek Die Kri­tik am könn­te ja schlim­mer sein: Man beklagt sich, dass die Welt­netz­re­vo­lu­ti­on aus­ge­blie­ben ist :-) 

Im Vor­der­grund steht in der Kri­tik zunächst – z.B. bei Nico Lum­ma – die Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät des Sys­tems Web 2.0: „Die selbst-orga­ni­sier­ten Kon­fe­ren­zen mani­fes­tie­ren das, was man aus der Blogo­sphä­re seit Jah­ren kennt: der Fun­ke springt nicht über, man bleibt unter sich.“ Wenn Inter­net was mit gesell­schaft­li­cher Zukunfts­fä­hig­keit zu tun hat, dann reicht ein biß­chen twit­tern, blog­gen und cam­pen nicht aus.

Niko­laus Huss fin­det bei KoopTech die „Inter­net­sze­ne out“. Statt einer Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen „Poli­tik“ und „Web 2.0“ sieht er vor allem Vor­bei­ge­re­de. Er kri­ti­siert die Selbst­re­fe­ren­zia­li­tät und Selbst­ge­fäl­lig­keit der Netz­sze­ne – und mahnt an, dass zur Poli­tik­fä­hig­keit nach wie vor das Boh­ren dicker Bret­ter gehört, und wit­zi­ge Twit­ter-Zwi­schen­ru­fe nicht rei­chen. Kern­satz: „Und dass man­che der Web­ak­ti­vis­ten der fei­nen Mei­nung sind, sie müss­ten Poli­tik nur irgend­wie in den vir­tu­el­len Him­mel hän­gen und schon wür­den sich Inter­es­sens­ge­gen­sät­ze ein­fach in Luft auf­lö­sen.“ (Vgl. auch ohle bei f!xmbr).

Als Bar­camp-Erst­teil­neh­me­rin äußert sich Eva Horn dann doch eher kri­tisch (auch wenn’s Spaß gemacht hat). The­men bei ihr sind neben der Wahl­kampf­rhe­to­rik und der Twit­ter­wall auch die Beleuch­tung sowie die Bre­zel- und Bana­nen­ver­sor­gung. Ihre Kern­aus­sa­ge. Per­sön­lich: „Ich wür­de es sofort wie­der tun.“ Poli­tisch-inhalt­lich jedoch: „Ich war noch nie auf einem Bar­Camp – aber von mei­nem Gefühl her war das Polit­Camp ein stink­nor­ma­ler Kon­gress, zu dem man sowohl Poli­ti­ker als auch ‚Exper­ten‘ des jewei­li­gen The­men­ge­bie­tes einlädt.“

Eben­falls zum ers­ten Mal dabei war Tim Beil, des­sen Ein­druck sich mit „Mei­ne Erwar­tun­gen waren unklar – irgend­wie habe ich nicht ver­stan­den, was dort wann und wie geschied. Ich kann jetzt sagen, dass die­se Erwar­tun­gen erfüllt wur­den.“ zusam­men­fas­sen lässt.

Falk Lue­ke war da, fand aber die Gesprä­che neben­bei das eigent­lich Inter­es­san­te. Auch er bestä­tigt noch­mal „das Polit­camp war kein Bar­camp, son­dern eine Art ‚frei floa­ten­de Kon­fe­renz‘. Das muss nicht schlecht sein, war aber teils ein­fach nicht gut gelun­gen.“ Ent­spre­chend hat er vor­ge­schla­gen, lie­ber mit­ein­an­der als über­ein­an­der zu reden – abseits des offi­zi­el­len Programms.

Abseits des offi­zi­el­len Pro­gramms stand auch eine klei­ne Demo gegen die Teil­nah­me von (und das Spon­so­ring) durch Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Kris­ti­na Schrö­der, und zwar auf­grund ihres Extre­mis­mus­be­griffs. War­um, erläu­tert Adri­an Lang.

Zum Schluss noch Anne Roth von Anna­list. Die wäre ger­ne hin­ge­gan­gen, hat aber kei­ne Kar­te mehr gekriegt. Ange­sichts z.B. des Frau­en­an­teils und der groß bewor­be­nen Zahl pro­mi­nen­ter Poli­ti­ke­rIn­nen hat­te sie aller­dings auch kei­ne son­der­lich hohen Erwar­tun­gen an das Polit­camp. Haupt­aus­sa­ge: es war – beim ers­ten Blick auf das Pro­gramm – „nichts erkenn­bar Pri­ckeln­des dabei“. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich mei­ne Kar­te zwar wei­ter­ge­ge­ben habe, und mich am Wochen­en­de mit sinn­vol­len Din­gen beschäf­tigt habe, aber doch ein gewis­ses Inter­es­se dar­an habe, was mit die­sem Politik‑2.0‑Dingens denn nu is. Inter­es­sant fin­de ich bei die­ser Blog­schau, dass ich zwar ziem­lich vie­le eher kri­ti­sche Blog­ein­trä­ge gefun­den habe, aber kaum was von den Akteu­rIn­nen vor Ort – scheint zumin­dest inter­es­sant genug gewe­sen zu sein, um neben­bei zu twit­tern, aber nicht gleich gan­ze Auf­sät­ze zu schrei­ben. Ich ergän­ze die Blog­schau ger­ne um wei­te­re Blog­ein­trä­ge – also her damit (es muss ja irgend­wo auch posi­ti­ve Reviews geben, oder?)!

Update (22.03.2010): Noch ein paar Blog­ein­trä­ge etc. von heu­te morgen:

  • Zwei­mal CDU: Dirk Schmidt will den Mehr­wert gestei­gert sehen und Mal­te Steck­meis­ter hät­te sich – bei aller Freu­de über vie­le tol­le Ses­si­ons­vor­schlä­ge und das eine oder ande­re bekann­te Gesicht – ger­ne mehr Dis­sens und weni­ger Selbst­be­weih­räu­che­rung gewünscht.
  • Lars Brü­cher (Grü­ne, Orga­ni­sa­ti­ons­team) zeig­te sich eben­falls von der Men­ge an Ses­si­ons und inter­es­san­ten, par­tei­über­grei­fen­den und par­tei­sys­tem­über­grei­fen­den Gesprä­chen begeis­tert, nennt aber auch ein paar orga­ni­sa­to­ri­sche Verbesserungsmöglichkeiten.
  • Dage­gen wur­de Tho­mas Knü­wer (Indis­kre­ti­on Ehren­sa­che, Podi­ums­teil­neh­mer) „von Minu­te zu Minu­te rat­lo­ser, sprach­lo­ser, des­il­lu­sio­nier­ter“ – nicht wegen der Orga­ni­sa­ti­on, son­dern wegen Rhe­to­rik und Ver­hal­ten der meis­ten Par­tei­an­hän­ge­rIn­nen und Poli­ti­ke­rIn­nen auf dem Camp. Sein Licht­blick (auf nied­ri­gem Niveau): Kris­ti­na Schröder.
  • Und dann noch der Hin­weis auf ein Inter­view im Der­Wes­ten mit Oli­ver Zeisber­ger (SPD) und Andre­as Jung­herr (CDU) zu den Online­wahl­kam­pa­gnen in NRW.

Update 2:

  • Noch ein Fazit aus Sicht des Orga­ni­sa­ti­ons­teams, dies­mal von Hans­jörg Schmidt, der sich ins­ge­samt zufrie­den zeigt und eini­ges an Orga­ni­sa­ti­ons­pro­ble­men mit der Kurz­fris­tig­keit der Vor­be­rei­tung ver­knüpft. Da kommt auch die Zahl an 53 Ses­si­ons her. Valen­tin Toma­schek schließt sich dem Fazit von Hans­jörg Schmidt an, nach­dem er zwei Sei­ten Lie­bes­brief wie­der zer­ris­sen hat.

9 Antworten auf „Kleine Blogschau zum Politcamp 10 (Update 2)“

  1. Inhalt­lich so wie­so nicht, da das BMFSFJ dar­auf bestan­den hat kei­nen inhalt­li­chen Ein­fluss zu haben. (Hät­te dann natür­lich auch die För­de­rung dan­kend abgelehnt).

    Ein Spon­so­ring ist rein gesetz­lich wohl nicht mög­lich. Das woll­te ich ein­fach klarstellen.

  2. Der kritische(re) Blick in den Blogs ist sicher dem „zwei­ten Mal“ geschul­det. Eigent­lich scha­de, dass sich so viel Auf­merk­sam­keit auf das twit­ter-Ver­hal­ten einer BM rich­tet, wobei tat­säch­lich viel span­nen­de­res abseits des gro­ßen Saals (und auch fern der twit­ter­wall) pas­siert ist. 

    Auch wenn ich Dei­ne Argu­men­ta­ti­on, nicht zum PC zu fah­ren gut und rich­tig fin­de – mal vor­bei­zu­schau­en war schon gut, ein­fach wegen der Leu­te drum­her­um. Denn die sind ja nicht alle immer in Berlin. 

    Span­nend ist fürs nächs­te Mal, inwie­fern Rea­lis­mus (und auch der über­trie­be­ne Rea­lis­mus von Niko­laus Huss, s. mein Kom­men­tar bei ihm) die teils auch bewusst abge­ho­be­nen Visio­nen über­rollt. Viel­leicht schaffst Du es dann ja auch …

    Kurz hin­ten­dran: schi­ckes Bild der Ses­si­on-Pla­nung, lei­der aber die von 2009 … die­ses Jahr war es wesent­lich voller!

  3. @Klas: wenn ich mir par­al­lel z.B. die Berich­te vom Bar­Cam­pRuhr durch­le­se, scheint mir sowas für mich viel reiz­vol­ler als das mir immer noch über­di­men­sio­niert erschei­nen­de Polit­camp. Und ich müss­te erst­mal wis­sen, was ich da will ;-)

    Zum Foto: Dan­ke für den Hin­weis. Hat­te beim Raus­su­chen gar nicht drauf geach­tet, dass der Tag „polit­camp“ natür­lich auch die vom letz­ten Jahr aus­spukt – sah aber schön aus (und hebt wohl auch eine Stär­ke des Ansat­zes her­vor), des­we­gen las­se ich’s als „Sym­bol­bild“ drin stehen.

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